Tumorerkrankungen
Mehr als 15.000 Menschen in Deutschland erkranken jährlich an einer bösartigen Neubildung im Kopf-Hals-Bereich. Bei etwa 90 Prozent der Betroffenen handelt es sich um ein Plattenepithelkarzinom im Schleimhautbereich von Nase oder Mund, Rachen oder Kehlkopf. Die wichtigsten Risikofaktoren sind länger andauernder Nikotingenuss und Alkoholkonsum.
Im Kopf-Hals-Tumorzentrum des Krebszentrums am Klinikum der Universität München (Comprehensive Cancer Centrum CCC LMU) arbeiten unsere Experten der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde mit Spezialisten der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Hand in Hand. Ein hoch motiviertes Team aus Ärztinnen und Ärzten, Pflege- und weiteren Fachkräften engagiert sich täglich für eine bestmögliche medizinische wie einfühlsame Betreuung.
Wir diagnostizieren und behandeln sämtliche gut- und bösartigen Tumoren im Kopf-Hals-Bereich. Hierzu gehören unter anderem:
- Karzinome von Mundhöhle, Rachen, Kehlkopf, Nasopharynx, Nasennebenhöhlen- Bösartige Neubildungen der Kopf- und Halshaut
- Bösartige Neubildungen der Speicheldrüsen
- Diagnostik bei Verdacht auf Lymphom
- Sarkome
Die Behandlung führen ausschließlich langjährig erfahrene Fachärztinnen und Fachärzte durch. Sie erfolgt grundsätzlich entsprechend aktueller Richtlinien auf Basis neuester Erkenntnisse. Dabei steht die onkologische Sicherheit stets an erster Stelle.
Unser besonderes Ziel ist es, die Lebensqualität der Betroffenen nach Kräften zu erhalten beziehungsweise wieder zu steigern. Dazu sind wir gezielt darum bemüht, Nebenwirkungen gering zu halten und die Funktionsfähigkeit der betroffenen Bereiche so weit wie möglich zu wahren oder wiederherstellen. Unter anderem steht unseren Patientinnen und Patienten schon während der stationären Behandlung ein Team von Physiotherapeuten und Logopäden zu Seite. Dies hilft, eventuellen Beeinträchtigungen der Kau-, Schluck- oder Sprechfunktionen frühzeitig und wirkungsvoll zu begegnen.
Auch ästhetische Aspekte stehen im Rahmen unserer individuell auf jede Patientin und jeden Patienten zugeschnittenen Behandlungskonzepte im Fokus unserer Bemühungen. Dazu können wir auf hervorragende Expertise bei der Anwendung plastisch chirurgischer und ästhetisch medizinischer Verfahren zurückgreifen.
Die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten mit Tumoren der Schädelbasis führen wir zusammen mit unseren Fachkolleginnen und -kollegen im Rahmen des interdisziplinären Neuroonkologischen Zentrums (NONK) bzw. Schädelbasiszentrums durch.
Tumoren im Kehlkopfbereich führen durch den häufigen Befall der Stimmlippen oft zu Heiserkeit, teils verbunden mit einem Fremdkörpergefühl im Hals. Im weiteren Verlauf können auch Atembeschwerden und Luftnot auftreten.
Bei Tumoren im Schlund und Speiseröhrenbereich stehen meist Schluckbeschwerden im Vordergrund. Auch Schmerzen oder Schwellungen im Bereich des Halses sowie Gesichtsnervenlähmungen, insbesondere bei Tumoren im Bereich der Ohrspeicheldrüse, sind möglich.
Bei Beschwerden dieser Art, insbesondere bei länger andauernder Heiserkeit über drei Wochen, sollte eine HNO-ärztliche Untersuchung durchgeführt werden. Bei Verdacht auf ein Tumorgeschehen ermöglichen weitere Verfahren, die Ausdehnung und die Art des Tumors klar zu diagnostizieren. Hierzu gehören:
Ultraschalluntersuchung
Computer- oder Kernspintomographie des Halses
Oberbauchsonografie und Röntgenuntersuchung der Lunge
Panendoskopie in Vollnarkose. Hierbei wird neben der genauen Tumorausdehnung nach weiteren verdächtigen Veränderungen gesucht. Eine dabei entnommene Gewebeprobe erlaubt zudem eine mikroskopische Diagnose des Tumors durch den Pathologen.
Wichtig: Ein frühzeitig diagnostizierter Tumor im Kopf-Hals-Bereich lässt sich in der Regel sehr gut behandeln.
Die enge Zusammenarbeit aller einschlägigen Fachbereiche ist eine der entscheidenden Voraussetzungen, um Menschen, die an einem bösartigen Tumorleiden erkrankt sind, bestmöglich zu helfen. Genau hier setzen wir an: Alle erhobenen Befunde werden in einer wöchentlichen interdisziplinären Tumorkonferenz (Tumorboard) mit ausgewiesene Fachleuten aller therapeutisch eingebundenen Disziplinen besprochen. Für jeden Betroffenen wird hier die individuell am besten geeignete Behandlungsform gemäß neuester Leitlinien und Standards festgelegt.
In einem Gespräch wird das Behandlungskonzept der Patientin bzw. dem Patienten – auf Wunsch auch den jeweiligen Vertrauenspersonen –erläutert. Soziale und psychologische Bedürfnisse werden selbstverständlich berücksichtigt. Bei Bedarf kann die professionelle Hilfe des klinikeigenen Sozialdienstes oder der psychoonkologischen Betreuung in Anspruch genommen werden.
Im OP kommen Krebserkrankten modernste minimalinvasive und mikrochirurgische Verfahren besonders zugute. Hierzu gehören unter anderem:
- Computergestützte Navigationssysteme
- Roboter-assistierte Techniken
- Hoch präzise Lasertechnologie
- Operationsbegleitende Nervenfunktionstestungen
- Photodynamische Therapie
Meist ist die komplette chirurgische Entfernung des Tumors das erste Ziel. Dieser Eingriff wird beispielsweise bei Tumoren im Kehlkopfbereich nach Möglichkeit durch den Mund mittels einer laserchirurgischen Resektion durchgeführt. Dabei kann unter dem Mikroskop sehr exakt operiert werden. Dies führt für die Patientin/den Patienten zu einer geringeren Belastung, einem kürzeren Krankenhausaufenthalt und in den meisten Fällen zur Vermeidung eines Luftröhrenschnittes.
Manchmal müssen größere Teile von Mund oder Rachen oder auch der ganze Kehlkopf entfernt werden. In diesen Fällen stehen heute vielfältige Methoden zur Rekonstruktion auch umfangreicher Gewebedefekte zur Verfügung. Eine besonders geeignete Form hierfür ist der freie Gewebetransfer (Lappenplastik). Bei dieser Technik wird Haut- und Unterhautgewebe mitsamt Gefäßen vom Unterarm oder Oberschenkel entnommen und in den Defekt implantiert. Fast alle Defekte des Kopf-Hals-Bereichs können so rekonstruiert werden.
Bei ausgedehnten Tumoren lässt sich jedoch ein Luftröhrenschnitt oder die Ernährung über eine Magensonde für eine Zeit von 10 bis 14 Tagen nicht immer vermeiden. Wir sind darum bemüht, diese von den Betroffenen als sehr einschränkend empfundenen Maßnahmen so schnell wie möglich zu beenden. In vielen Fällen sichern sie aber direkt nach der OP lebenswichtige Funktionen.
Bei Tumoren in Frühstadien, insbesondere bei kleinen Tumoren im Kehlkopf, ist die alleinige Laserresektion hingegen oft ausreichend.
Bei ausgedehntem Tumorbefall, insbesondere auch bei Absiedlungen in den Halslymphknoten, ist nach der operativen Entfernung eine Strahlenbehandlung, oft auch in Kombination mit einer medikamentösen Behandlung (Chemotherapie), erforderlich. Diese Behandlung stellt für die Betroffenen erneut eine große Belastung dar, erhöht aber langfristig die Chance, von dem Tumor vollständig geheilt zu werden.
Viele unserer Patientinnen und Patienten haben zudem die Möglichkeit, auf freiwilliger Basis an aktuellen klinischen Studien teilzunehmen. Ihnen eröffnet sich damit die Chance, gegebenenfalls schon heute von medizinischen Perspektiven für morgen zu profitieren.
Nach der OP kümmern sich unter anderem spezialisierte Schluck- und Sprachtherapeuten um die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten. Besonders wichtig ist uns auch die engmaschige Abstimmung mit den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen. Daher arbeiten wir mit den ambulant behandelnden Ärztinnen und Ärzten vor Ort eng und vertrauensvoll zusammen: von der Erstdiagnose über chirurgische, strahlen- oder chemotherapeutische Maßnahmen bis hin zur umfassenden Nachsorge.
Eine schnelle und gelungene Wiedereingliederung ins Alltagsleben ist uns nach Abschluss der onkologischen Behandlung ein besonders großes Anliegen. Unter anderem stehen auch mehrere Rehabilitationseinrichtungen im engen Verbund mit dem Kopf-Hals-Tumorzentrum, um den Betroffenen bei der Rückkehr in den selbstständigen Alltag zu helfen.
Auch die regelmäßigen Nachsorge-Untersuchungen, die ebenfalls im Kopf-Hals-Tumorzentrum durchgeführt werden, garantieren eine optimale Anschlussversorgung. In Absprache mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Strahlenklinik wird meistens ein Nachbeobachtungszeitraum von fünf Jahren festgelegt. In der ersten Zeit sehen wir unsere Patientinnen und Patienten in etwa sechswöchigem Abstand, insbesondere um direkte Funktionsprobleme nach der Behandlung schnell zu erkennen und zu behandeln.
In einer zweiten Phase sind Kontrollen im Abstand von zwei bis drei Monaten vorgesehen. Diese Phase dauert bis etwa zwei Jahre nach der Tumorbehandlung. Hier liegt das Hauptaugenmerk darauf, dass kein erneutes Tumorwachstum in dem behandelten Bereich auftritt. Falls dies dennoch der Fall sein sollte, kann rasch und effektiv eine erneute Behandlung eingeleitet werden.
In der dritten Phase zwischen dem zweiten und dem fünften Jahr nach der Tumorbehandlung wird neben der Beurteilung des ursprünglichen Tumorareals insbesondere darauf geachtet, dass nicht an anderer Stelle im Kopf-Hals-Bereich ein Tumor entsteht. Nach einer fünfjährigen Nachschau im Anschluss an eine Tumorbehandlung kann davon ausgegangen werden, dass kein erhöhtes Risiko mehr für einen Kopf-Hals-Tumor im behandelten Bereich besteht.